Madrid und der Stierkampf
Die Welt des Stierkampfs ist eine Welt für sich, die touristisch ungemein interessante Traditionen vereint. Die Stierkämpfe und die Stiere oder matadores sind maximaler Ausdruck der Stierkampfkunst. Zu dieser Welt gehören jedoch viele andere Aspekte wie Viehzucht und insbesondere die Stierzucht, Kleidung (die bestickte Stierkämpfertracht, der so genannte traje de luces), sprachliche Ausdrucksform und Fachausdrücke, Volksfeste, Stierkampfplakate und Gastronomie.
Die Stierkampfkunst ist in den Drucken von Goya präsent, in den Stichen von Picasso, in Lorcas Gedichten und in den Filmen von Almodóvar. Die 1931 eingeweihte Stierkampfarena La Plaza de las Ventas, beherbergt das Madrider Stierkampfmuseum, das interessante Kunstobjekte und Gegenstände aus der Welt des Stieres ausstellt. Für viele ist der Stierkampf, der seit dem 12. Jh. auf der Iberischen Halbinsel veranstaltet wird, nicht aus der spanischen Kultur wegzudenken.
Der Ochsenschwanz – rabo de toro – wird als Tapa oder Gericht serviert und ist ein Muss in jeder Bar oder in den Restaurants mit Stierkampftradition. Um die Plaza de las Ventas herum und im Stadtzentrum gibt es viele dieser Tavernen wie zum Beispiel das Lokal Casa Toribio, desssen Spezialität eben der Ochsenschwanz und Stierhoden auf der „plancha“ (Grillplatte) sind.
Besonders bemerkenswert sind die jahrhundertealten Restaurants und Tavernen der Stadt, die seit Urzeiten die traditionellen Gerichte madrids zubereiten. Zu ihnen gehören Lokale wie das Botín — dem älteste Restaurant der Welt und berühmt für seinen Schweinebraten —, Casa Ciriaco in der Mitte der Calle Mayor, die Taverne Casa Alberto und Casa Labra an der Puerta del Sol.
In Madrid befindet sich der wichtigste Stierkampfplatz der Welt, die Monumental Plaza de Las Ventas. Hier stehen jede Saison die Leute Schlange, um die besten matadores unserer Zeit zu sehen. Dieses Gebäude im Neu-Mudéjarstil wurde 1929 von José Espeliú, erbaut und gehört zu den wichtigsten Monumenten Madrids. Las Ventas ist die größte Arena Spaniens und hat eine Kapazität für mehr als 23.000 Zuschauer.
Der Besucher bekommt einen Einblick in diese Welt und kann die Empfindungen des Stierkämpfers, des Stieres und des Publikums nachempfinden, dank des Rundgangs durch die verschiedenen Einrichtungen wie den patios der Stierkampmannschaft, und dort wo der Stier am Ende hingeschleppt wird; das große Tor (Puerta Grande), die Arena und die exklusiveren Zuschauertribünen. In Las Ventas haben die besten matadores aller Zeiten gekämpft und in ihren Tribünen haben wichtige Persönlichkeiten gesessen wie Ernest Hemingway, Ava Gardner, Pablo Picasso, Jean Cocteau, Greta Garbo, Orson Welles und Sofia Loren.
Um dieses Monument gründlich zu erforschen, empfiehlt es sich, die LasVentasTour zu machen, eine Führung, die etwa 45 Minuten dauert und das gesamte Gebäude besichtigt. Auf diese Art und Weise bekommen wir einen tieferen Einblick in die Geschichte und Legenden der Stierkampfkunst und sind anschließend in der Lage, den Stierkampf besser zu verstehen.
Bei diesem Besuch stehen Ihnen Audioguides in acht Sprachen (Spanisch, Französisch, Englisch, Italienisch, Portugiesisch, Deutsch, Chinesisch und Russisch) zur Verfügung, und ein Videovorführung, um anhand von Bild und Ton das authentische Stierkampfambiente erleben zu können.
Um einen Stierkampf in vollen Zügen genießen zu können, ist es erforderlich, den Stierkampf-Code zu kennen. Der Kampf unterliegt extrem strengen Reglements. An einem Nachmittag treten normalerweise drei Stierkämpfer – zuerst der erfahrenste matador – und sechs Stiere auf.
Die corrida beginnt mit dem so genannten paseíllo, die Präsentation der Mannschaften vor dem Publikum und der Präsidententribüne in der Arena. In der ersten Phase des Stierkampfs, dem tercio de varas, empfängt der Stierkämpfer den Stier mit dem Tuch und anschließend bremsen die picadores, zu Pferd und mit einer Lanze, den Stier, indem sie ihn im Nacken verwunden, damit er später beim Angriff den Kopf senkt.
Im zweiten Teil stechen die banderilleros dem Stier bunt verzierte Spieße in den Rücken. Im letzten Teil des Stierkampfes, dem tercio de la muerte (Todesdrittel) bittet der matador den Präsidenten um Erlaubnis, den Stier töten zu dürfen indem er seine Kappe abnimmt und den Kampf jemandem widmet. Schließlich nimmt er den Degen und ein kleineres Tuch (muleta), um mit dem Stier zu kämpfen und ihn mit dem estoque zu töten.
Das Publikum versucht den Präsidenten durch das Schwenken weißer Taschentücher dazu zu bringen, den Stierkämpfer, wenn er es verdient hat, mit folgenden Belohnungen zu prämieren: ein Ohr, zwei Ohren, zwei Ohren und ein Schwanz oder auf den Schultern aus der großen Tür herausgetragen zu werden. Die Stierkämpfer haben besonderen Respekt vor dem tendido siete (Tribüne sieben) der Plaza de Las Ventas, die, laut der Experten, seit Jahrzehnten das anspruchsvollste Publikum aufnimmt.
Der Monat Mai ist in Madrid der Monat der Stiere. Am 2. Mai findet die traditionelle corrida goyesca (bei der die Teilnehmer Trachten aus dem 19. Jh. tragen) statt, und wenig später, bis Mitte Juni, die Feria Taurina de San Isidro, die Stierkampffestlichkeiten von San Isidro in der Monumental Plaza de Las Ventas, die die Metropole zu Welthauptstadt des Stierkampfes macht.
Fast einen Monat lang, um den Tag des San Isidro (15. Mai), treffen sich in der Plaza de Las Ventas die wichtigsten matadores, Jungstierkämfer und Stierkämpfer zu Pferd der Stierkampfszene, sowie junge Talente, die in dieser emblematischen Arena ihr Debüt feiern und somit die Zulassung als Stierkämpfer erhalten wollen.
Der Tag des Schutzpatrons von Madrid ist der große Tag auf dem Stierkampfprogramm und einer der meist erwarteten Ereignisse. Ein weiteres Datum, das im Kalender rot angestrichen ist, ist die beliebte Corrida de la Prensa, die seit ihrer ersten Ausgabe im Jahr 1900 vom Madrider Presseverband organisiert wird.
Ab dem Tag und bis September finden jeden Sonntag Stierkämpfe statt. Mitte Oktober endet die Stierkampfsaison mit dem Herbstprogramm, der Feria de Otoño. Es gibt jedoch auch im Winter und zu anderen Jahreszeiten Stierkämpfe in der überdachten Arena von Vistalegre, im Ortsteil Carabanchel.
Ende August feiert San Sebastián de los Reyes sein traditionales Fest, das besonders für seine Stierkämpfe und Stierläufe bekannt ist und sich den Beinamen Pamplona Chica, Little Pamplona, verdient hat. Die Gemeinde Navalcarnero ihrerseits feiert ihr traditionelles nächtliches Stiertreiben im Rahmen des Patronatsfestes, das erstmals im Oktober 1649 stattfand. Die Veranstaltung findet in der ersten Septemberhälfte in der Stierkampfarena vonNavalcarnero statt.