Gitarrenbauer in Madrid
Besuch in den Werkstätten einiger Meisterhersteller handgefertigter Gitarren in Madrid. Diese Instrumentenbauer besitzen ein unschätzbares Fachwissen. Mit ihrer Handwerkskunst schaffen sie Kunstwerke, die die Zeit überdauern und stets in Erinnerung bleiben. Von Silvia Roba
Der im Spanischen gebrauchte Begriff „lutier“ ist etwas weiter gefasst, sodass hier die erste Frage unausweichlich lautet - was ist ein „lutier“? Im Prinzip könnte man sagen - eine Person, die Saiteninstrumente baut oder repariert. Und dennoch scheint diese Definition eher dürftig, wenn es um das Verständnis einer Arbeit geht, in der auch viel Herzblut steckt.
Die französische Bezeichnung für das Handwerk wurde in Spanien ab etwa dem 18. Jahrhundert gebräuchlich, allerdings gab es zuvor schon seit drei Jahrhunderten Lauten- und Citolenmacher, die nach und nach der Zunft der Geigenbauer Platz machten. Die iberische Geigenbauerkunst spielte eine Schlüsselrolle in der Entstehung und Entwicklung vieler alter Musikinstrumente, darunter auch der Gitarren. Heute findet man in Madrid echte Meister dieser wahrhaft magischen Kunst. Denn Holz so zu modellieren, dass ein Spieler es zum Klingen bringen kann, gelingt nur mit viel Geduld und großer Hingabe.
Andrés Segovia, Francisco Tárrega, Narciso Yepes, Paco de Lucía, ja sogar George Harrison, Eric Clapton und Mark Knopfler strichen früher oder später über die Saiten einer dieser seit 1882 in Madrid handgefertigten Gitarren. Gegründet wurde der Betrieb von José Ramírez, der das Handwerk im Alter von 12 Jahren in der Werkstatt von Francisco González in der Carrera de San Jerónimo erlernte. Später eröffnete er sein eigenes Geschäft in El Rastro und danach in der Calle Concepción Jerónima, ganz in der Nähe des heutigen Geschäfts, das gleichzeitig auch Museum ist.
Die sogenannte Escuela de Madrid de Constructores de Guitarra (Madrider Gitarrenbauerschule) nahm ihre Anfänge unter der Leitung von Don José, dem Ururgroßvater von Cristina und José Enrique, Nichte und Neffe von Amalia Ramírez, einer der ersten Frauen in der Welt des Gitarrenbaus. Heute steht die Werkstatt in der Calle General Margallo Nr. 10 unter ihrer Leitung. Zusammen mit ihnen werfen wir einen Blick auf die Geschichte ihrer Familie, die schon immer innovative Wege ging. So erfand der Stammvater der Dynastie die Tablao-Gitarre, die die Welt des Flamenco für immer veränderte. Führende Flamenco-Größen bei ihm ein Instrument mit stärkerer akustischer Resonanz, das zwischen Gesang und rhythmischem Klatschen deutlicher zu hören war.
Die Entdeckung des roten Zedernholzes für den Resonanzkörper ist das Verdienst von José Ramírez III. Neben anderen Arten wird dieses Holz auch heute noch von seinen Nachfolgern genutzt. Ebenso Palisander aus Indien oder Madagaskar sowie Fichten- und Zypressenholz. Dank seines über hundertjährigen Bestehens besitzt der Betrieb bis zu 60 Jahre altes Rohmaterial ... Es ist eine wahre Freude, diesen Meistern zuzuhören. Wer ihre Arbeiten sehen will, kommt einfach hierher oder besucht zum Beispiel das MoMA in New York, wo an einer Wand ein Ramírez hängt.
Aus den Händen der Handwerksmeister, die seit über hundert Jahren in dieser Werkstatt wirken, gelangten sie zu Paco de Lucía, Pepe Habichuela, Bob Dylan ... die Gitarren von Felipe Conde, in dessen Werkstatt in unmittelbarer Nähe des Teatro Real zusammen mit dem Holz auch Tausende von Geschichten gebildet wurden. Zeder, Palisander, spanische Zypresse, Ebenholz ... Jedes Material, jedes Wort und jeder Ton hat in dieser Gitarrenwerkstatt, die Aufträge aus der ganzen Welt erhält, eine besondere Aussagekraft.
Die von Felipe Conde und seinen Kindern Maria und Felipe mit viel Hingabe gefertigten Stücke sind Botschafter unserer Kultur, wohin sie auch reisen. Domingo Esteso, einer der wichtigsten Figuren in der Geschichte der spanischen Gitarre, war Gründer des seit 1882 bestehenden Unternehmens. Er begann als Lehrling in der Werkstatt von Manuel Ramírez und machte sich später mit seiner Frau Nicolasa Salamanca, die das Lackieren der Instrumente übernahm, selbstständig.
1926 trat sein Neffe Faustino Conde, der Onkel des heutigen Besitzers, in den Betrieb ein, gefolgt von dessen Vater, dem damals 14-jährigen Mariano Conde … Seit dieser Zeit gilt hier stets die Devise - „Achtung vor der Tradition und Kontakt mit Publikum und Musikern sind maßgeblich zur Optimierung und Erforschung des Klangs meiner Gitarren”.
Ihr Name ist Yunah und sie ist die einzige Koreanerin weltweit, die klassische spanische Gitarren baut. Und zwar in ihrer Werkstatt im Viertel Malasaña, in der sie ihr Handwerk bei Geigenbauer Ángel Benito erlernte. Die 38-Jährige wurde in Seoul geboren, machte ihren Abschluss an der Universität von Korea und kam nach Spanien, um ihr Studium zu vervollständigen. Sie wollte Gitarrenlehrerin werden, stellte sich aber vor, es wäre toll, in ihr Land zurückzukehren und ein Konzert mit einem von ihr selbst gefertigten Instrument zu geben.
Als sie keine Schule finden konnte, kam sie auf der Suche nach Informationen, wie sie denn eine Gitarre bauen könnte, nach Madrid. Und so begann ihre Geschichte ... Nachdem sie ihrem Lehrer ein ganzes Jahr lang nur zuschaute, fertigte sie schließlich ihr erstes Stück. Heute sind es die neugierigen Passanten, die durch die Fenster ihrer Werkstatt zuschauen, wie sie arbeitet. „Meine Instrumente baue ich stets aus den hochwertigsten Hölzern, die mit besonderem Augenmerk auf ihre Optik, Elastizität und Klangleistung ausgewählt werden", erklärt sie und beschreibt das Glücksgefühl, das sie empfindet, wenn sie das unbearbeitete Holz zum ersten Mal berührt und riecht. Daraus klingende Instrumente herzustellen, bedeutet ihr alles. Was ihre Gitarren auszeichnet, ist ihr ausgesprochen spanischer und traditioneller Klangcharakter. Ein Handwerk, in dem viel Liebe steckt, lebt in ihren Händen weiter.