Karwoche in Madrid
Im Einvernehmen mit dem Erzbistum Madrid beschlossen die Vertreter der Kirchengemeinden, Bruderschaften und Schwesternschaften, die Osterveranstaltungen und -prozessionen abzusagen, um den Empfehlungen der Gesundheitsbehörden aufgrund der Coronavirus-Pandemie Folge zu leisten.
Von Palmsonntag bis Ostersonntag besuchen Tausende von Menschen die Stadt, um den verschiedenen Prozessionen beizuwohnen, die in den Straßen Madrids stattfinden, aber auch um das Ambiente zu genießen, das von den bunten Gewändern der verschiedenen Bruderschaften geschaffen und von Trommeln, Pauken und Trompeten untermalt wird. All dies gehört zu den Feierlichkeiten, in deren Rahmen die Geheimnisse der Erlösung des Jesus von Nazareth dargestellt werden.
Madrid gedenkt intensiv der Leidensgeschichte und des Todes von Jesu Christi, und das nicht nur durch den besonderen Ausdruck der Hingabe, sondern auch durch andere, parallel organisierte kulturelle Akte. Während die Kirchen und Basiliken Konzerte für Sakralmusik auf dem Programm haben, gehen die verschiedenen Bruderschaften mit den Heiligenbildern in Prozessionen, die sie das ganze Jahr hindurch vorbereitet haben, durch die Straßen. Die besten Restaurants und Konditoreien der Stadt leisten ihren Beitrag indem erstere typische Gerichte der Karwoche auf ihre Speisekarte setzen und die anderen traditionelles Ostergebäck verkaufen.
In der Karwoche werden die wertvollen Heiligenbilder, die im Laufe des Jahres in den verschiedenen Kirchen und Basiliken zuhause sind, mit unzähligen Kerzen, Blumen und reich bestickten Umhängen geschmückt. Auf den Schultern der Träger – costaleros – und auf der gesamten Strecke von Hunderten von Büßern begleitet, werden sie in Prozessionen durch repräsentative Straßen wie der Paseo del Prado und die calle Alcalá o zur Plaza Mayor getragen.
Zu den wichtigsten Prozessionen, die an Palmsonntag und am Mittwoch vor Ostern gefeiert werden, sind besonders die des Cristo de la Fe y el Perdón (Christus des Glaubens und der Vergebung) und die des Nuestro Padre Jesús de la Salud erwähnenswert. Die erste Prozession hat ihren Ausgangspunkt in der Basílica Pontificia de San Miguel, wobei die zweite von der Bruderschaft Nuestro Padre de la Salud y María Santísima de las Angustias – auch als ‘los Gitanos’ bekannt– repräsentiert wird und in den Straßen um die Puerta del Sol mit Beginn und Ende in der Calle de la Salud stattfindet. Stationen der Prozession sind die Puerta del Sol, die Plaza de Jacinto Benavente, die Kirche Santa Cruz und die Calle Mayor.
Die an den Tagen des Triduums gefeierten Prozessionen erfreuen sich eines besonderen Prestiges und haben die meisten Anhänger, da sie dem Tod Christis gedenken. Zu den beliebtesten gehören die Prozessionen Nuestro Padre Jesús del Gran Poder und María Santísima de la Esperanza, sowie Jesús Nazareno und die Virgen de la Soledad, beide an Gründonnerstag. Ebenso die drei Prozessionen Jesús Nazareno de Medinaceli, María Santísima de los Siete Dolores und Santo Entierro an Karfreitag; und zuletzt die Virgen Dolorosa und die Procesión de la Soledad am Ostersamstag.
Erwähnenswert ist auch die Prozession der Bruderschaft Hermandad del Silencio am Spätnachmittag/Abend des Karfreitag vor der unvergleichlichen Kulisse des Barrio de las Letras. Dabei zieht die von einer Gruppe costaleros getragene Prozessionslade der Christusfigur Santísimo Cristo de la Fe durch geschichtsträchtige Schauplätze wie die Plaza de Matute, Plaza de Santa Ana oder die Straßen Echegaray, Cervantes und Lope de Vega.
In der Regel ist geistliche Musik stets ein Bestandteil der Madrider Karwoche. Kirchen wie die Basílica de Nuestra Señora de Atocha, die Pfarrkirche Santa Cruz oder die Basílica Pontificia de San Miguel sind Schauplätze der Programmreihe Geistliche Musik zur Karwoche, die Konzerte bei freiem Eintritt umfasst (Einlass solange Platz reicht).
In diesen Zeitraum fallen auch die Konzertreihe Orgelmusik in San Ginés mit Konzerten junger Organisten und großer Meister.
Zum Abschluss der Karwoche und zur Feier des Ostersonntags wird die Plaza Mayor Schauplatz einer sogenannten Tamborrada, eines Ostertrommeln wie es in der Provinz Zaragoza Tradition ist, statt. Von hier aus startet ein Umzug, bei dem Mitglieder der Bruderschaften durch die unaufhörlichen Klänge von Bass- und anderen Trommeln der Auferstehung Christi drei Tage nach seinem Tod gedenken.
Wie bei jeder religiösen Festlichkeit, wird auch die Madrider Karwoche von speziell zu diesen Tagen zubereiteten typischen Gerichten begleitet, die in diesem Fall eng mit den religiösen Pflichten aber vor allem mit der Tradition verbunden sind.
Ein kulinarisches Muss auf dem Madrider Speiseplan an diesen Tagen ist der Arme Ritter – torrija −, eine Süßspeise für die Brot in Milch und Zimt getränkt, gebraten und mit Zucker bestreut wird. Zu den Fischgerichten gehören Soldaditos de Pavía – knusprige, panierte Kabeljaustückchen –, Madrider Kichererbseneintopf – bei dem diese Hülsenfrucht von Spinat, Stockfisch, Kartoffeln und hart gekochten Eiern begleitet werden – sowie croquetas de bacalao – Stockfischkroketten.